Neue Mitte Arriach
Ausgezeichnet mit dem Kärntner Landesbaupreis 2022Architektur: Hohengasser Wirnsberger Architekten in Zusammenarbeit mit Winkler Landschaftsarchitektur
Bauherr: Gemeinde Arriach
Jurybegründung
Das Postamt geschlossen, das einzige Lebensmittelgeschäft unattraktiv und vor einer ungewissen Zukunft stehend, ein neues Gemeindeamt schon geplant, aber nicht dort, wo es der geografisch in der Mitte Kärntens gelegenen Gemeinde geholfen hätte, das Ortszentrum zu stärken. Die Situation, in der sich die rund 1350 Einwohner zählenden Gemeinde Arriach befand, ist kein Einzelfall. Die Lösung, die nach anfänglichen Irrwegen dank des Zusammenwirkens der Verantwortlichen in Land und Gemeinde schließlich gefunden wurde, ist hingegen exemplarisch. Nachdem die Gemeinde das „Scherzerhaus“ erworben hatte, in dem sich in unmittelbarer Nähe zu Kirche, Schule und Kindergarten der örtliche Nahversorger befand, war der Weg frei, die Ortsentwicklung strategisch und gut konzertiert anzugehen und die Problemstellung zum Gegenstand eines Architekturwettbewerbs zu machen.
Sonja Hohengasser und Jürgen Wirnsberger lösten die Aufgabe so, dass sowohl das Bestandsgebäude zur Gänze erhalten blieb und zugleich auch ein attraktiver Platz entstehen konnte, der alle Insignien eines Dorfplatzes trägt, die man sich nur wünschen kann: mit viel Platz für Begegnungen und Feste, Sitzgelegenheiten, schattenspendenden Bäumen und einem Brunnen. Im sanierten und mit Implantaten aus Beton und hellem Eschenholz neustrukturierten Bestand fand das Gemeindeamt Platz, Raumreserven im Dachgeschoß inklusive. Das hinterlässt nicht nur einen geringeren ökologischen Fußabdruck als ein Neubau, sondern erwies sich auch in ökonomischer Hinsicht als sinnvoller. Dem Nahversorger wurde der Fortbestand in einem Neubau aus Holz gesichert, der den Zwischenraum zum benachbarten Pfarrhaus überbrückt und den Platz begrenzt. Dank der stützenfreien Konstruktion wäre das Geschäft im Fall des Falles auch recht einfach in einen Veranstaltungsraum umzufunktionieren. Am Gelenk zum Bestand leicht auffindbar und doch diskret positioniert wurde die öffentliche WC-Anlage untergebracht. Geparkt wird nicht vor der Tür, das würde den Sinn des Platzes als Ruhepol und Aufenthaltsort konterkarieren, sondern auf dem über eine schmale Gasse zugänglichen Parkplatz hinter dem Gebäude.
Ein Bestand, der unter anderen Umständen vom Verlust bedroht gewesen wäre, und nun gewiss noch etlichen Generationen von Gemeindebürger:innen eine zentrale Anlaufstelle sein wird, ein Nahversorger, der attraktiver kaum liegen und aussehen könnte und für beides der langersehnte Dorfplatz als Foyer unter freiem Himmel: Ohne viel neue Flächen in Anspruch zu nehmen wurden auf kleiner Fläche im Zentrum ein Ort von komplexer Normalität geschaffen, der Basisinfrastrukturen bündelt und ein enormer Zugewinn für das soziale Leben im Dorf ist.